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Stationäre Pflege: Qualität setzt sich durch

Am 1. Januar 1995 trat das SGB XI und damit die Sozialversicherung als komplexes Pflegeregelungssystem in Kraft. Die Auswirkungen waren enorm: In erster Linie hat sich die Abhängigkeit der Pflegebedürftigen von der Sozialhilfe durch das neue SGB XI erheblich verringert, in 2. Linie und vor allem in Bezug auch im Hinblick auf das Thema Qualität.

26.01.2018

In einem Markt bestimmen bekanntlich die Nachfrage das Angebot. In der Pflegebranche spielen zunehmend andere Aspekte eine Rolle: Ideologie (mit Pflege darf man kein Geld verdienen), Populismus (keiner will ins Heim) und Fiskalpolitik (Entlastung der kommunalen Haushalte). Langfristig durchsetzen können sich diese ideologischen Grundeinstellungen nicht. Die große Wende in der Pflege in Deutschland war vor 22 Jahren: Am 1. Januar 1995 trat das SGB XI und damit die Sozialversicherung als komplexes Pflegeregelungssystem in Kraft. Die Auswirkungen waren enorm: In erster Linie hat sich die Abhängigkeit der Pflegebedürftigen von der Sozialhilfe durch das neue SGB XI erheblich verringert, in 2. Linie und vor allem in Bezug auch im Hinblick auf das Thema Qualität. Denn nach Einführung des Gesetzes vergrößerte und verbreiterte sich das Angebot innerhalb kürzester Zeit enorm – auf ambulanter wie auf stationärer Seite. In diesem Zug stieg auch die Pflegequalität im gesamten Bundesquerschnitt. Die bisher oft tristen und farblosen Einrichtungen, wichen plötzlich neuen, hellen und modernen Häusern mit freundlichem Ambiente und neuesten pflegewissenschaftlichen Ansätzen.

Die Pflegeversicherung soll hier nicht geschönt werden, denn das Pflegesystem in Deutschland hat zweifellos Mängel und ist reformbedürftig. Die immer wieder neu geführte Diskussion zum Thema Finanzierung der Pflege ist so alt wie die Pflegeversicherung selbst, und die Frage ist heute immer noch genauso wichtig wie damals. Fest steht aber: In Punkto Qualität hat das damals neue Gesetz einen Quantensprung in der Branche bewirkt, wie es ihn seitdem so nicht mehr gegeben hat.

Qualität durch Vielfalt und Wettbewerb

Wie auch in der freien Marktwirtschaft sind die Gründe für diese positive Entwicklung: Vielfalt und Wettbewerb. An die Stelle der staatlichen Bedarfsplanung trat die freie Wahl: In § 2 Absatz 2 des SGB XI heißt es:„Die Pflegebedürftigen können zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger wählen." Ergänzend dazu in § 11 Abs. 2: „Bei der Durchführung dieses Buches sind die Vielfalt der Träger von Pflegeeinrichtungen zu wahren sowie deren Selbständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit zu achten. (...) Freigemeinnützige und private Träger haben Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern."Damit wurden bei dem neuen Sozialgesetz ganz bewusst marktwirtschaftliche Grundelemente eingeführt. Ziel war es, schnell und unkompliziert eine bedarfsgerechtere Versorgungsstruktur zu schaffen und die bestehende deutlich zu verbessern. Die dramatischen Verbesserungen in den Folgejahren zeigen: Das Konzept ist die Neubelebung der stationären Pflege.

Die stationäre Pflege wird in Deutschland dringend gebraucht und sollte sich in keinster Weise abwerten lassen. Wir als Gesellschaft sind auf dieses Erfolgsmodell angewiesen. Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen haben das längst erkannt. Auch die Pflegestatistik verzeichnet seit Jahren ein ungebrochenes Nachfragewachstum in der stationären Pflege. Die Auslastung stationärer Pflegeeinrichtungen liegt im Bundesdurchschnitt bei rund 90 Prozent und diese Quote ist seit Jahres sehr konstant. Mit anderen Worten: Obwohl die Branche massiv unter Beschuss steht, erweist sich das Modell Pflegeheim als extrem krisensicher.

Es ist deshalb nicht davon auszugehen, dass die stationäre Pflege zurückgeht: im Gegenteil, der Bedarf und somit die Branche wird weiteres Wachstum erfahren. Eher wahrscheinlich ist eine Renaissance. Zum einen weil viele gesellschaftliche Faktoren, die in der Praxis für eine stationäre Betreuung sprechen. Diese sind zum Beispiel: Hohe Mobilität und Berufstätigkeit der Angehörigen, Auflösung klassischer Familienstrukturen (Singlehaushalte). Und zum anderen, weil stationäre Pflege auch volkswirtschaftlich sinnvoll ist: Aufgrund der Knappheit an Pflegekräften, lässt sich diese knappe Ressource „Professionelle Pflege“ in einem stationären Setting deutlich effizienter nutzen als ambulant. Wir können es uns wirklich nicht leisten, dass eine examinierte Pflegekraft den größten Teil ihrer Arbeitszeit im Auto zum Pflegebedürftigen verbringt, anstatt ihren dringend benötigten Job zu erledigen.

Selbst- und Qualitätsbewusstsein

Die richtige Strategie der Pflegeheime auf die heutige politische und gesetzliche Entwicklung kann deshalb nur Selbstbewusstsein und Qualität sein. Am langen Ende entscheidet nämlich der Kunden was gut für ihn ist und nicht die Politik. Wer für sich selbst oder seine Angehörigen eine Betreuung sucht, möchte wählen können welche Versorgungsform seinem konkreten Bedürfnis am nächsten kommt (in vielen Fällen ist die die stationäre Betreuung) und welcher Anbieter seinen Vorstellungen von Qualität am ehesten entspricht. Die Politik wird ein Einsehen haben (müssen!), denn die Zahl der pflegebedürftigen Leistungsempfänger wird sich in den nächsten zehn Jahren von aktuell ca. 3 Mio. auf mindestens 4 Mio. erhöhen. Diese Menschen müssen alle versorgt werden und dazu braucht es für alle am Prozess beteiligten Personen (Bewohner und Pflegekräfte) attraktive Konzepte. Mit gut organisierten stationären Heimen, die gute Dienstleistung und Qualität in der Pflege anbieten werden wir das schaffen, ohne mit Sicherheit nicht.

(Quelle: Basisinformationen abgeleitet aus Terranus Pflegereport 2017 und aus Destatis - statistisches Bundesamt)

Bertram Iby
Bertram Iby
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